Kommentar
Rezension: Agnes - Peter Stamm
Der Deutsch-Tutorkurs im Jahrgang 13 hat sich mit Romanen der modernen deutschen Literatur beschäftigt. Eine Rezension von Pelin Kaplan zu „Agnes“ von Peter Stamm.

S. Fischer Verlag
Als ich angefangen habe, mir den Roman ,,Agnes” von Peter Stamm, der
1998 erschien, durchzulesen, war ich anfangs überrascht davon, dass
das Ende des Romans bereits vorhergesagt worden ist, bevor ich richtig
angefangen habe zu lesen. Agnes, eine junge Doktorandin, die der
namenlose Ich-Erzähler in Chicago kennenlernt, wird am Ende des
Romans sterben. So hatte ich weniger Anregung, das Buch zu lesen,
weil ich das Ende bereits kannte.
,,Agnes”, ein Roman, der sich in 154 Seiten nun wirklich gut lesen lässt,
wird in einem sehr nüchternen, emotionslosen sowie teils
unverständlichen Stil geschrieben, weshalb man an vielen Stellen
großen Interpretationsspielraum hat und das Handeln den Charaktere
nicht ganz nachvollziehen kann. Durch die kühle Art und Weise des
Schreibens entsteht zwischen dem Leser und der Handlung eine gewisse
Distanz. Diese führt dazu, dass man sich nicht in die Charaktere
hineinversetzen kann. Des Weiteren wechselt die Erzählebene zwischen
geschilderten Ereignissen und fiktionalen Geschichten, sodass Realität
und Fiktion verschmelzen. Durch diesen ständigen Wechsel entsteht
beim Leser eine Ungewissheit. Der Roman ist durch den einfachen
Schreibstil leicht zu verstehen.
Das Verhältnis zwischen dem Ich-Erzähler, einem sachlichen
Sachbuchautor, und Agnes entwickelt sich von einer zufälligen
Begegnung zu einer Liebesbeziehung, die sich mit dem Lesen immer
mehr verstärkt. Dabei werden Themen wie Liebe, Macht, Realität und
Fiktion behandelt, die in Wechselwirkungen zueinander große
Uneindeutigkeiten hervorrufen. ,,Ich fühlte eine fast körperliche
Abhängigkeit, hatte das demütigende Gefühl, nur ein halber Mensch zu
sein, wenn sie nicht da war.” Auch eine eomtionale Abhängigkeit
bildete sich. Das Thema Tod wurde oft thematisiert, vor allem von
Agnes, die darüber spricht, dass sie Angst vor der Leere haben würde,
die sie nach dem Tod vereinnahmen könnte. Bezugslos fordert Agnes
den Erzähle dazu auf, eine Geschichte über sie zu schreiben: ,,Schreib
eine Geschichte über mich.” Der Sachbuchautor tut dies. Diese Worte
bestätigen Agnes’ rätselhaften Charakter. Der Ich-Erzähler, der sich
ihre Aufforderungen zu Herzen nimmt, verschafft sich durch das
Schreiben ihrer Geschichte Einfluss und Macht in Bezug auf sie.
Zwei unterschiedliche Charaktere treffen aufeinander und ziehen sich an.
Während Agnes offen und emotionsvoll wirkt, ist der Ich-Erzähler passiv
und distanziert sich von emotionsvollen Handlungen. Für alle Leser, die
einen einfachen und leicht verständlichen Schreibstil wie diesen mögen
und lieber Texte lesen, die einen zum Nachdenken anregen und oft Lücken
hinterlassen, ist das definitiv der richtige Roman. Für mich, die Wert
darauf legt, Handlungen und Emotionen nachvollziehen zu können, ohne
sich durch einen ständigen Wechsel von Realität und Fiktion durchzulesen
und dabei hier und da durcheinander zu kommen, ist das ein Roman für
Zeitvertreib.