Kommentar

Kommentar zur SchiLf: Gefährliche Glorifizierung

Warum es ein Fehler ist, dass der Einsatz des Programms FelloFish an unserer Schule ausgeweitet wird und wie in Zukunft mit KI umgegangen werden sollte.

Nicolas Förster (Q2)

verantwortlich: Dorothea Klatt (Lehrperson)

2025-05-05 13:32:00

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Anlässlich der Schulinternen Lehrerfortbildung (SchiLf) am 8. Januar ist

es vonnöten, über künstliche Intelligenz zu sprechen und zu schreiben.

Das Dauerbrenner-Thema ist etwa zweieinhalb Jahre nach der

Erscheinung von ChatGPT nun auch bei den Lehrkräften angekommen -

hurra! Nein, im Ernst: Es ist wichtig, dass der Fokus bei solchen

Fortbildungen darauf liegt, Lehrkräften Fähigkeiten im Umgang mit

neuen Programmen beizubringen. Im Bereich der Digitalisierung braucht

es Wege, mit den Möglichkeiten umzugehen, die den Schulalltag für

Schüler*innen deutlich zu stark erleichtern (ich verweise auf meinen

Artikel „ChatGPT in der Schule“ in unserer vierten Ausgabe). Daher

bedarf es noch zahlreicher Diskussionen und Entscheidungen, hierfür

sind Fortbildungen immer ein guter Anlass.


Die diesjährige Veranstaltung hatte, wie von Frau Hein im Podcast

erläutert, vor allem die Möglichkeiten von KI in der Schule zum Thema.

Die Lehrkräfte erhielten also praktische Tipps und Tricks, um ihren

Unterricht mit neuen Tools zu „KI-tisieren“. Bei solchen

Lehrveranstaltungen besteht vor allem die Gefahr, dass die

vorgestellten Programme zu unkritisch gesehen werden. Wenn man

sich nur die Vorteile anschaut, wirkt natürlich alles total toll und das

gesamte Kollegium ist hellauf begeistert.


Grundsätzlich ist es eine bedenkliche Tendenz, wenn Lehrkräfte ihre

Arbeit an künstliche Intelligenz abgeben. So geschieht es momentan

bei dem Programm FelloFish, das früher Fiete.ai hieß. Der Großteil der

Schülerschaft dürfte damit bereits vertraut sein. Es handelt sich um ein

Tool, das nach einem einfachen Prinzip funktioniert: Eine Lehrkraft

erstellt eine Aufgabe, die Schüler*innen geben ihre Lösung ab, die KI

gibt individuelles Feedback und macht Verbesserungsvorschläge

anhand der von der Lehrkraft formulierten Kriterien. Bei den ersten Tests

scheint das Programm überwiegend gut abzuschneiden, nur leider hat

es gravierende Schwächen. Das Tool zeigt zwar in Teilen gute Ansätze

und kann Fehler wie korrekte Bearbeitungen richtig erkennen. Jedoch

offenbart es immer wieder eklatante Defizite, was das

Sprachverständnis anbelangt. Da die KI vor allem mit der Suche nach

Schlagwörtern arbeitet, versteht sie Texte häufig falsch und gibt

entsprechend unpassendes Feedback.


Das Programm arbeitet zu grob und gibt allgemein gehaltene,

standardisierte Rückmeldungen, die selten Sinn ergeben – entweder in

Form von unbrauchbaren Verbesserungsvorschlägen oder zu guten

Bewertungen, wenn Fehler unerkannt bleiben. Letzteres kann zu

Selbstüberschätzung führen. Für die Lernenden kann es, wenn

überhaupt, nur bedingt hilfreich sein, indem es als Ideengeber dient.

Vor allem aber verleitet es bei häufiger Anwendung zu dem

fatalen Gedanken, dass eine KI ungefähr so gut Rückmeldungen

geben kann wie eine Lehrkraft.


Angesichts dieser Schwächen ist es ein Fehler, dass alle Lehrkräfte am

FKG nun dazu angehalten sind, mit FelloFish zu arbeiten. Und ein noch

größerer Fehler ist es, dass die Schule dafür vermutlich Lizenzen kaufen

wird. Natürlich wird das Programm weiterentwickelt und ist

wahrscheinlich in einigen Monaten besser als jetzt. Aber noch ist es

nicht so weit, wie viele denken. Diese Beschlüsse wirken wie ein

gezwungenes „Follow the hype“, um auf dem neuesten Stand zu

bleiben. Es wird nicht genau genug hingeschaut, wenn es nur um die

Möglichkeiten, aber nicht um die Probleme eines Programms geht. Was

nach der SchiLf hauptsächlich bleibt, ist eine gefährliche

Glorifizierung der künstlichen Intelligenz.


Was ich mir wünsche: Erstens: Die Einführung der iPads erst ab

Jahrgang 11. In den unteren Jahrgängen ist es deutlich problematischer,

dass allein in der Schule eine so lange Bildschirmzeit erreicht wird und

dass permanent die Möglichkeit zur Ablenkung besteht. Zweitens:

Einen umfassenden Dialog zwischen Lehrer- und Schülerschaft über die

Chancen und Risiken von KI. Von gegenseitigem Austausch können alle

profitieren und für den Unterricht können Vereinbarungen getroffen

werden, welches Tool wie eingesetzt werden soll. Drittens: Transparenz

für die Sinnhaftigkeit von Unterrichtsinhalten. Dass Schüler*innen KI

benutzen, hat vor allem mit der Frage zu tun, warum man selbst das

Geforderte eigentlich können muss (zum Beispiel eine

Gedichtinterpretation). Wenn Lehrkräfte das ihren Klassen und Kursen

nahebringen können (etwa: es geht nicht um das einzelne Gedicht,

sondern um das allgemeine Sprachverständnis), dann ist eine ganze

Menge gewonnen.