Kommentar
Kommentar zur SchiLf: Gefährliche Glorifizierung
Warum es ein Fehler ist, dass der Einsatz des Programms FelloFish an unserer Schule ausgeweitet wird und wie in Zukunft mit KI umgegangen werden sollte.

https://www.bllv.de/vollstaendiger-artikel/news/fellofish-schreibbegleiter-fuer-bessere-schuelerinnentexte-6433
Anlässlich der Schulinternen Lehrerfortbildung (SchiLf) am 8. Januar ist
es vonnöten, über künstliche Intelligenz zu sprechen und zu schreiben.
Das Dauerbrenner-Thema ist etwa zweieinhalb Jahre nach der
Erscheinung von ChatGPT nun auch bei den Lehrkräften angekommen -
hurra! Nein, im Ernst: Es ist wichtig, dass der Fokus bei solchen
Fortbildungen darauf liegt, Lehrkräften Fähigkeiten im Umgang mit
neuen Programmen beizubringen. Im Bereich der Digitalisierung braucht
es Wege, mit den Möglichkeiten umzugehen, die den Schulalltag für
Schüler*innen deutlich zu stark erleichtern (ich verweise auf meinen
Artikel „ChatGPT in der Schule“ in unserer vierten Ausgabe). Daher
bedarf es noch zahlreicher Diskussionen und Entscheidungen, hierfür
sind Fortbildungen immer ein guter Anlass.
Die diesjährige Veranstaltung hatte, wie von Frau Hein im Podcast
erläutert, vor allem die Möglichkeiten von KI in der Schule zum Thema.
Die Lehrkräfte erhielten also praktische Tipps und Tricks, um ihren
Unterricht mit neuen Tools zu „KI-tisieren“. Bei solchen
Lehrveranstaltungen besteht vor allem die Gefahr, dass die
vorgestellten Programme zu unkritisch gesehen werden. Wenn man
sich nur die Vorteile anschaut, wirkt natürlich alles total toll und das
gesamte Kollegium ist hellauf begeistert.
Grundsätzlich ist es eine bedenkliche Tendenz, wenn Lehrkräfte ihre
Arbeit an künstliche Intelligenz abgeben. So geschieht es momentan
bei dem Programm FelloFish, das früher Fiete.ai hieß. Der Großteil der
Schülerschaft dürfte damit bereits vertraut sein. Es handelt sich um ein
Tool, das nach einem einfachen Prinzip funktioniert: Eine Lehrkraft
erstellt eine Aufgabe, die Schüler*innen geben ihre Lösung ab, die KI
gibt individuelles Feedback und macht Verbesserungsvorschläge
anhand der von der Lehrkraft formulierten Kriterien. Bei den ersten Tests
scheint das Programm überwiegend gut abzuschneiden, nur leider hat
es gravierende Schwächen. Das Tool zeigt zwar in Teilen gute Ansätze
und kann Fehler wie korrekte Bearbeitungen richtig erkennen. Jedoch
offenbart es immer wieder eklatante Defizite, was das
Sprachverständnis anbelangt. Da die KI vor allem mit der Suche nach
Schlagwörtern arbeitet, versteht sie Texte häufig falsch und gibt
entsprechend unpassendes Feedback.
Das Programm arbeitet zu grob und gibt allgemein gehaltene,
standardisierte Rückmeldungen, die selten Sinn ergeben – entweder in
Form von unbrauchbaren Verbesserungsvorschlägen oder zu guten
Bewertungen, wenn Fehler unerkannt bleiben. Letzteres kann zu
Selbstüberschätzung führen. Für die Lernenden kann es, wenn
überhaupt, nur bedingt hilfreich sein, indem es als Ideengeber dient.
Vor allem aber verleitet es bei häufiger Anwendung zu dem
fatalen Gedanken, dass eine KI ungefähr so gut Rückmeldungen
geben kann wie eine Lehrkraft.
Angesichts dieser Schwächen ist es ein Fehler, dass alle Lehrkräfte am
FKG nun dazu angehalten sind, mit FelloFish zu arbeiten. Und ein noch
größerer Fehler ist es, dass die Schule dafür vermutlich Lizenzen kaufen
wird. Natürlich wird das Programm weiterentwickelt und ist
wahrscheinlich in einigen Monaten besser als jetzt. Aber noch ist es
nicht so weit, wie viele denken. Diese Beschlüsse wirken wie ein
gezwungenes „Follow the hype“, um auf dem neuesten Stand zu
bleiben. Es wird nicht genau genug hingeschaut, wenn es nur um die
Möglichkeiten, aber nicht um die Probleme eines Programms geht. Was
nach der SchiLf hauptsächlich bleibt, ist eine gefährliche
Glorifizierung der künstlichen Intelligenz.
Was ich mir wünsche: Erstens: Die Einführung der iPads erst ab
Jahrgang 11. In den unteren Jahrgängen ist es deutlich problematischer,
dass allein in der Schule eine so lange Bildschirmzeit erreicht wird und
dass permanent die Möglichkeit zur Ablenkung besteht. Zweitens:
Einen umfassenden Dialog zwischen Lehrer- und Schülerschaft über die
Chancen und Risiken von KI. Von gegenseitigem Austausch können alle
profitieren und für den Unterricht können Vereinbarungen getroffen
werden, welches Tool wie eingesetzt werden soll. Drittens: Transparenz
für die Sinnhaftigkeit von Unterrichtsinhalten. Dass Schüler*innen KI
benutzen, hat vor allem mit der Frage zu tun, warum man selbst das
Geforderte eigentlich können muss (zum Beispiel eine
Gedichtinterpretation). Wenn Lehrkräfte das ihren Klassen und Kursen
nahebringen können (etwa: es geht nicht um das einzelne Gedicht,
sondern um das allgemeine Sprachverständnis), dann ist eine ganze
Menge gewonnen.